3D für das Web
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Plasma

Zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches stellte Discreet die neue Software Plasma vor. Die Software ist ein hochwertiger 3D-Editor und kann direkt Dateien für Flash und Director erzeugen.

Bisher gab es auf dem Markt noch keinen ausgewachsenen 3D-Editor, der als Zielgebiet nur das Web hatte. Es gibt zwar beispielsweise Swift3D von eRain, aber die Möglichkeiten dieses Programmes reichen bei weitem nicht an die Möglichkeiten von z.B. 3DS Max heran. Ein Programm wie 3DS-Max aber bietet widerum weit mehr, als man für das Web benötigt (zu einem Preis, der zudem sehr hoch liegt). Natürlich ist es auch interessant, hochwertige Videos für das Web zu erzeugen; hier soll es aber primär um interaktive, bandbreitenschonende Anwendungen für das Web gehen.
Diese Lücke zwischen Swift3D und 3DS Max (oder ähnlichen Paketen) versucht Discreet nun mit Plasma zu schließen. Tatsächlich liegt Plasma schonmal mit einem Listenpreis von etwa 900 Euro zwischen den beiden Produkten. Was hat Plasma also zu bieten, um diesen Preis zu rechtfertigen?

Die Features von Plasma

Sehen wir uns zunächst mal die Kommunikation mit der Außenwelt an. Plasma kann folgende File-Formate importieren: .3ds (3D Studio), .max (3D Studio), .ai (Adobe Illustrator), .dxf (AutoCad) und .wrl (VRML). Folgende File-Formate kann die Software exportieren: .p3d (eigenes Plasmaformat), .w3d (Shockwave3D), .ai, .dxf und .wrl. Beim Shockwave-Export werden die Geometriedaten und Animationen exportiert. Die 3D-Daten bleiben also erhalten.
Außerdem kann man Bilder und Animationen als Bitmaps/Videos oder als Flash-Film rendern. Beim Flash-Export werden dabei alle Einzelbilder einer Animation umgerechnet in 2D-Vektorbilder, die dann als einzelne Frames eines Flashfilms gespeichert werden. Dieser Punkt ist sehr wichtig! In dem Flash-File sind nur noch einzelne Bilder enthalten. Nix dynamisches mehr, keine Tweenings etc. Plasma liefert hier also das gleiche Resultat wie beispielsweise Swift3D. Die Geschwindigkeit und Qualität des Exports ist allerdings sehr gut bei Plasma.

Die Produktbröschüre zu Plasma gibt folgende Feature-Liste an:

  • Advanced Character Animation Support: Komplexe Deformationen, IK, Bones-Animation
  • HAVOK Dynamics Support: Physikalisch korrektes Verhalten von Körpern kann simuliert werden
  • Intelligent File Linking with Flash MX: Mit Plasma bearbeitete Inhalte können automatisch in Flash aktualisiert werden
  • Shadow Support (bei Flash-Export): Für den Flash-Export kann ein Objekt mit mehr als einem Schatten berechnet werden (bei mehreren Lichtquellen)
  • Improved Compression (bei Flash-Export): Die erzeugten Flash-Dateien sind auf Größe optimiert
  • Advanced Shading and Fill Options (bei Flash-Export): Verschiedene Renderingmöglichkeiten für den Flash-Export
  • Streamlined Designer's Interface: Das bewährte 3DS Max Interface wurde übernommen und auf das Wesentliche reduziert
  • Solid 3D architecture: Obwohl erst in Version 1 ist das Werkzeug schon sehr stabil und arbeitstauglich
  • .MAX file support: Dateien aus 3DS Max können importiert werden

Was ist an diesen Punkten nun tatsächlich dran? Gehen wir einfach nochmal die Liste durch:

Advanced Character Animation Support: An diesem Punkt gibt es nichts zu rütteln. Man sieht die Abstammung von 3DS Max, einem ausgewachsenen, professionellen 3D-Animations-Werkzeug. Plasma enthält einen Großteil der gleichen Funktionalität, so daß im Bereich Animationsmöglichkeiten und Modellerstellung kaum Wünsche offen bleiben.

HAVOK Dynamics Support: Die HAVOK Funktionen dienen dazu, Körpern physikalische Eigenschaften wie Gewicht oder Elastizität zuzuweisen und damit zu animieren. Ein Ball fällt damit zum Beispiel aufgrund seines Gewichtes nach unten und springt aufgrund seiner Elastizität wieder ein Stück in die Luft (Ich erhebe hier keinen Anspruch auf wissenschaftlich korrekte Terminologie :-). Diese Funktionen haben wirklich sehr viel zu bieten, vor allem im Zusammenhang mit Shockwave3D, da die Funktionen nativ in Director Shockwave3D unterstützt werden. Es ist damit möglich, sehr natürlich wirkende Animationen sehr bandbreitenschonend und ohne großen Programmieraufwand umzusetzen. Für den Export als Flash werden die Effekte natürlich nur noch in statische Bilder umgesetzt.

Intelligent File Linking with Flash MX: Das ist zwar praktisch, wenn man verschiedene Sequenzen immer mal wieder anpassen muß, bis alles stimmt. Oftmals ist aber für ein gutes Endresultat immer noch eine Nachbearbeitung der exportierten Daten per Hand in Flash notwendig.

Shadow Support (bei Flash-Export): Ja, das geht. Man darf allerdings keine allzu realistischen Bilder erwarten, da gerade bei den Schatten der "Vektor-Look" doch überdeutlich wird. Die Schatten haben keinerlei weichen Übergänge (was man an dieser Stelle aber technisch auch kaum möglich ist).

Improved Compression (bei Flash-Export): Plasma liefert gute Ergebnisse, soweit man das erwarten kann. Es gab aber auch schon viele Stimmen, daß eine berechnete Animation im Flashformat hinterher größer war, als hätte man die gleiche Animation als Bitmapbilder berechnet und dann als Video komprimiert. Das ist ein relativ unsinniger Vergleich. Ich würde soweit gehen, zu behaupten, daß Plasma das beste Ergebnis liefert, was automatisch berechnet werden kann. Natürlich kann man trotzdem mit speziellen Flash-Kompressionstools mit Hand-Tuning oft nochwas rausholen, da man mit Augenmaß sagen kann, wann die Qualität zu sehr unter der Kompression leidet. Weiterhin ist es wichtig, mit den Optionen beim Flash-Export herumzuexperimentieren, um das optimale Ergebnis zu erhalten. Beispielsweise liefern radiale Verläufe kleinere Dateien, als lineare Verläufe, da bei den linearen Verläufen für jede einzelne Fläche ein Verlauf gespeichert wird und bei den radialen nur einer für alle zusammenhängenden Flächen. Wie gesagt, hier muß man für den Zweck und jedes Modell ausprobieren.

Beispiele für verschiedene Flash-Export-Einstellungen:
Radiale Verläufe mit Schatten, Dateigröße 3KB Radiale Verläufe ohne Schatten, Dateigröße 1KB Lineare Verläufe ohne Schatten, Dateigröße 30KB
     

Advanced Shading and Fill Options (bei Flash-Export): Die Optionen sind in der Tat recht vielfältig und gut. Allerdings haben sie recht wenig zu tun mit den Einstellungen, die man im Materialeditor vorgenommen hat. Das liegt unter anderem natürlich daran, daß das Aussehen in Flash nur angenähert werden kann. Unter anderem sind keine Texturen möglich und mit Blick auf geringe Dateigrößen ist man auch bei den Verläufen beschränkt.

Streamlined Designer's Interface: Das Interface ist in großen Teilen von 3DS Max übernommen und von daher sehr gut und optimiert. Ein Flash-Designer oder Director-Benutzer darf aber kein typische Macromedia-Interface erwarten. 3D-Design erfordert viel Einarbeitung und ist für viele mit Sicherheit nicht allzu intuitiv. An der Stelle hätte evtl. auch ein ordentliches Handbuch geholfen, welches Discreet sich bis jetzt gespart hat.

Solid 3D architecture: Die Software ist tatsächlich schon sehr gut geraten. Allerdings hat sie doch auch noch einige Kinderkrankheiten. Bei längerer Arbeit scheint sich manchmal ein Speicherloch aufzutun, so daß ein Neustart angebracht ist. Außerdem gab es bei mir bei manchen Modell-/Exportkombinationen reproduzierbare Abstürze, um die man dann herumarbeiten mußte. Dennoch läuft die Software zum großen Teil stabil und macht Spaß.

.MAX file support: .max Dateien können zwar importiert, aber nicht mehr exportiert werden. Außerdem sind Erweiterungen, die es in Plasma nicht gibt, natürlich vom Export ausgeschlossen.

Arbeitsablauf

Um Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich nochmal auf den Arbeitsablauf bei der Arbeit mit Plasma für die Zusammenarbeit mit Flash eingehen.
Es ist in der Regel nicht damit getan, in Plasma eine Animation komplett zu entwerfen, umzusetzen, als Flash-Film zu rendern und das Ganze ins Netz zu stellen. Aussehen mag das dann ganz ordentlich, aber die Dateigröße ist wahrscheinlich nicht akzeptabel und das Aussehen könnte besser sein.
Um die Dateigröße zu optimieren gibt es zwei Ansatzpunkte. Zum einen kann man mit Tools wie beispielsweise Optimaze (von eRain) die Vektordaten noch per Hand optimieren. Wichtiger ist aber, eine Szene mit Flashmitteln zu optimieren. Wenn sich beispielsweise nur ein Ball über die Bühne bewegt und sich die 3D-Ansicht nicht ändert, dann sollte man das besser mit einem einzigen von Plasma exportierten Bild und Tweening innerhalb von Flash lösen. Oftmals bietet es sich auch an, die verschiedenen Objekte einer Szene getrennt mit Plasma zu rendern und erst in Flash zusammenzufügen. Die untenstehende Animation besteht beispielsweise aus 4 einzeln gerenderten Teilen: Die Introsequenz, 5 Einzelbilder für das rotierende rote Band, eine Sequenz für einen hereinfliegenden gelben Würfel und die Abschlußsequenz.
Animation öffnen
.FLA zur Animation
Auf diese Art und Weise hat die Animation insgesamt nur eine Größe von 58KB.

Fazit

Plasma ist vom Preis-/Leistungsverhältnis her sein Geld wert. Allerdings muß ein potenzieller Käufer sich fragen, ob er all die Leistung benötigt. Plasma ist ein ausgewachsener, professioneller 3D-Editor, der für die Erstellung von Modellen und Animationen kaum eine Funktion missen läßt. Für das Rendering von Videosequenzen eignet er sich weniger, da zum einen eine Größenbeschränkung besteht (Auflösung höchsten 800x600 Pixel) und weiter einige Funktionalitäten für realistische Bildberechnung fehlen. Bleibt also der Export in ein anderes Format zur direkten Anzeige im Web oder zur Weiterverarbeitung. Hier bietet Plasma alles, was man braucht. Allerdings gibt es zum Beispiel für das Erzeugen von Flash-Filmen aus 3D-Modellen auch andere Werkzeuge, die teilweise günstiger sind. Der Vorteil von Plasma bleibt der hervorragende Editor und die integrierte Arbeitsumgebung, ohne den Zwischenweg über andere Software gehen zu müssen.

 

    © Frank Lamprecht                            www.in-viz.de